1917 – Warum man sich diesen Film ansehen sollte
Natürlich hat niemand so richtig Lust auf einen Kriegsfilm, das ist ja klar! Das deprimiert, stimmt nachdenklich, macht traurig. Doch es gibt viele Gründe, sich 1917 dennoch anzusehen! Warum? Weil dieses Thema nun mal zu unserer Geschichte gehört, weil das nun mal passiert ist, weil du und ich und all die anderen nicht existieren würden, wenn unsere Großväter und Urgroßväter das nicht überlebt hätten, und die Wahrscheinlichkeit zu sterben höher war als zu überleben! Weil es in unserer Welt an allen Ecken und Kanten zu eskalieren droht, überall polarisiert wird und längst nicht mehr die Diplomatie das letzte Wort hat, sondern derjenige mit den meisten Flugzeugträgern! Weil der erste Weltkrieg die Grundlage bildet für die ganz große Katastrophe zwanzig Jahre später! Weil Fremdenhass inmitten unserer Gesellschaft wieder an der Tagesordnung ist, Antisemitismus wieder aufflammt und wir uns abschotten denjenigen gegenüber, die fliehen. Ja vor was? Vor Krieg! Weil uns klar werden muss, dass niemand von uns einen Krieg 3.0 überleben würde, niemand! Doch vor allen Dingen sollte man den Film auch sehen, weil er so ungemein gut gemacht ist und mit Gewissheit mehr Oscars abräumen wird, wie Regisseur Sam Mendes tragen kann. Nein, bequem ist da ganz sicher nicht, 1917 lässt uns im Anschluss nicht fröhlich durch die Straßen baumeln, sondern lässt und nachdenklich zurück mit dem bangen Gefühl, dass man mit ein wenig Pech genauso gut hätte dabei sein können, in dieser Scheiße! 1917 unterstreicht mit dickem Filzstift, dass jede Art militärische Auseinandersetzung sinnlos ist, nichts bewirkt außer Hass und Leid, und sonst gar nichts! Dabei hat Sam Mendes alles andere gedreht als einen klassischen Kriegsfilm. Es wird keine einzige große Schlacht gezeigt, nichts glorifiziert, im Prinzip auch keine Partei ergriffen und es werden auch keine Helden gefeiert. All das braucht es auch nicht, weil der Terror auch so spürbar ist, in den Schützengräben, in der Leere der vielen Gesichter, in der Gleichgültigkeit dem Tod gegenüber.
Video: Offizieller Trailer des Films, der diesem irgendwo aber nicht gerecht wird!
Worum geht’s
Die jungen Soldaten Scofield und Blake werden damit beauftragt, eine Botschaft an die vorderste Frontlinie zu überbringen, um den dortigen Befehlshaber vor einem Hinterhalt zu warnen und damit das Leben von tausenden Soldaten, darunter Blakes Bruder, zu retten. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, der sie über den Rand des schützenden Grabens in das Niemandsland zwischen den Fronten führt. Mendes begleitet die beiden in einer in dieser Form noch nie dagewesenen Kameraführung. Mal knapp über dem Boden, mal über der Wasseroberfläche, durch Stacheldraht hindurch bis tief hinein in die Schützengräben und durch brennende Städte. Und in diesem Nirvana, in dem jeder Schritt der letzte sein kann, unterhalten sich die beiden auf eine Art und Weise, wie es junge Menschen eben machen, wenn alles in Ordnung ist, über Kirschbäume zum Beispiel und über schöne Dinge. So verleihen sie dieser Hoffnungslosigkeit einen letzten Rest Menschlichkeit. Und dann entfernt sich die Kamera wieder und lässt die Protagonisten verschmelzen mit dieser surrealen Endzeit-Welt des Krieges, die nichts, aber auch gar nicht glorreiches hat, und schon gar nichts Großes. Denn so nannte man ihn ja, den großen Krieg, nicht wahr. Mendes widmet 1917 seinem Großvater, und man kann annehmen, dass vieles von dem, was gezeigt wird, auf dessen Erzählungen beruht. Nie zuvor hat ein Film das Leben in den Schützengräben so erlebbar gemacht, nie war man so hautnah dabei, nie hat sich Angst so auf den Zuschauer übertragen, so jedenfalls erging es mir dabei. Ein paar Schwächen hat 1917 natürlich trotzdem, was dem Film aber nicht eine Flut von Oscars ersparen wird, von denen jeder einzelne berechtigt sein wird.
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