Alex Honnold schreibt mit seinem Free Solo am El Capitan Klettergeschichte
Alex Honnold gilt für viele als der beste lebende Kletterer der Welt. Hervorheben muss man wohl ‘lebend’, was impliziert, dass andere Kletterer, die ähnliches wagten, eben nicht mehr leben. Im Juni diesen Jahres kletterte die Route Freerider am El Capitan in weniger als vier Stunden, und zwar free solo – ohne Seil.
UPDATE: Der Film Free Solo, der die unglaubliche Leistung Honnolds dokumentiert, wurde als beste Doku bei den Oscars 2019 ausgezeichnet. Kinostart des MUST-SEE ist März 2019!
1000 Meter senkrechter, zu Teil feuchter Granit – ohne Seil
Tausend Meter ragt der El Capitan aus der Ebene des kalifornischen Yosemite-Nationalparks empor. Am 2. Juni seilen sich Filmcrews die Wand hinab. Bevor sie ihre Kameras anschalten, machen sie noch etwas anderes: Sie deponieren Wasser und Energieriegel in zwei Felsspalten, und dann warten sie.Warten auf einen jungen Mann, auf Alex Honnold, der bald an ihnen vorbei klettern wird, und zwar free solo, ohne Seil. Honnold ist weltbekannt für sogenannte harte Solos. Auf den Punkt gebracht bedeutet hartes Solo ungefähr das: Machst du einen Fehler, bist du tot, so einfach ist das! Im Jahr 2014 bezwang er beispielsweise die Route El Sendero Luminoso free solo, was jedem, der sich das auf Youtube ansieht, unmittelbar den Atem stocken lässt. Im Video sieht man Honnold an einer glatten Wand, an der er irgendwie dranhängt, und dabei lächelt. Das Blut in den Adern gefrieren ließen auch seine Free-Solo-Besteigungen des Half Domes und von The Nose, ebenfalls im Yosemite Nationalpark. Nun also der El Capitan, die absolute Krönung.
Das Risiko wegtrainieren
Alex Honnold ist der erste Mensch mit genug Können und Besessenheit, eine derart schwierige Route auf diese Weise zu klettern. „No big deal“, würde Alex wohl mit einem Lächeln im Gesicht sagen, was auch gleichermaßen sein Spitzname ist – ‘Alex no big Deal’. Der Amerikaner ist sehr gut darin, seine Leistungen beiläufig herunter zu spielen. Wenn man ihn in Videos sieht, wie er mit seinem Camper herum tourt, lediglich mich einem Schlafsack und seiner Kletterausrüstung, dann nimmt man ihm das fast ab. Als lebensmüde jedenfalls kann man den Extremkletterer wahrlich nicht bezeichnen, zu geordnet wirkt der dratige Mann in Interviews, zu konzentriert, zu gefasst. Für ihn war die Free-Solo-Besteigung des El Capitan der nächste logische Schritt nach der Half Dome Besteigung.
Video: Alex Honnold im Interview und bei Free Solo Besteigungen vor dem El Capitan
https://www.youtube.com/watch?v=WC-a0uASo4E
Akribische Vorbereitung
Über Jahre reifte die Idee der Besteigung des El Capitan ohne Seil, und fast zwanzig Mal kletterte er den Freerider über Jahre hinweg. Wieder und wieder kletterte er die Schlüsselstellen, prägte sich jeden Griff genau ein, hatte jede Passage genau im Kopf. So fand er die sichersten Sequenzen nach oben, lernte die Abfolge und die zu machenden Züge. Auf diese Art gewann er die körperliche und mentale Stärke. Das ist die Art und Weise eines Extremkletterers wie Honnold, sich das Risiko quasi weg zu trainieren. Von zehn anfangs schweren Passagen wurden, wie er es sagt, ganze acht zu seinen Freunden. Lediglich zwei erachtete er als kleines Problem. Natürlich ist das, was er da macht, das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, hochriskant. Teilweise sehr glatter Granit, geneigte Wände – “Hallo?” Einmal ausrutschen, ein Fehlgriff, und das war es dann auch. Dan Osman, Dean Potter, Göran Kropp, um nur wenige zu nennen, ließen ihr Leben bei ihren Wagnissen. Dennoch lässt sich der heute 32 jährige Honnold mit keinem von ihnen vergleichen. Er ist der beste Kletterer da draußen! An den El Capitan wagte er sich erst, als ihm jedes weitere Training nur noch als Hinauszögern vorkam.
Video: Honnolds Free Solo Besteigung des El Sendero Luminoso
Keine Angst
Ganz in der Manier No big deal sagte er in einem Interview, die zwei besagten Passagen wären tatsächlich ein kleines bisschen hart gewesen. Wie ist das eigentlich mir der Angst bei einem solch irrwitzigen Vorhaben? “Angst”, so Honnold in einem Interview, “ist ein ziemlich guter Indikator, dass etwas gefährlich ist. Wenn ich mich gut vorbereite, dann ist es nicht mehr furchterregend, sondern wird aufregend.” Das mag man ihm nun glauben oder nicht. Mit der Free Solo Besteigung des El Capitan hat Honnold jedenfalls einen Meilenstein im Klettern gesetzt, als er nach drei Stunden und 56 Minuten lächelnd auf dem Gipfel stand und in die Weite blickte.
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