Portugal – Ein Roadtrip
Portugal im März, geht das überhaupt? Na klaro, und dafür gibt es auch gleich einige Argumente. Zwar ist noch kein Bade-, aber dennoch T-Shirt Wetter. Die gehypten Städte Lissabon und Porto sowie beliebte Küstenabschnitte wie die Algarve sind jetzt noch nicht überlaufen. An der langen Westküste ist nun ideales Wetter zum Surfen, und in kleinen, von Familien betriebenen Restaurants kann man sich wunderbar unter die Einheimischen mischen. Wir haben es ausprobiert, in Form eines Roadtrips mit dem Auto. Steig ein!
Die Route
Lange wägen wir ab, von Lissabon aus nach Süden zu fahren, entscheiden uns aber letztlich doch für den Norden. Zu sehr lockt uns die Hafenstadt Porto und die vielen, schnuckeligen Surf-Destinationen an der westlichen Atlantikküste. Also stricken wir einen groben Plan zusammen: In Lissabon wollen wir uns zunächst 3 Tage Zeit nehmen, bevor wir uns ins Auto begeben. Auf halber Strecke auf dem Weg nach Porto möchten wir dann das Surfernest Peniche ansteuern und von dort aus einen Abstecher nach Nazare unternehmen, dem Weltsurfer-Mekka. Bevor wir dann einige Tage Porto unter die Lupe nehmen, ist ein Zwischenstopp in Aveiro eingeplant. Nach ein paar Tagen in der Stadt des Portweins steht die Studentenstadt Coimbra auf dem Programm und im Anschluss das idyllische Sintra, das uns als Base für Ausflüge an die traumhaften Strände des Parque Nacional de Sintra Cascais dienen soll. Ausklingen lassen wollen wir es dann in Lissabon, bevor es mit dem Flieger nach Hause geht. Ganz oben auf der Liste stand zunächst auch das nahe Porto gelegene Douro Tal, das ja Unesco Weltkulturerbe ist. Letztlich entschieden wir uns dagegen, weil die berühmten Weinreben zu dieser Jahreszeit noch nicht blühen. Ansonsten hätten wir das Douro-Tal definitiv Coimbra vorgezogen. Auch das weiter nördliche, der spanischen Provinz Galizien zugewandte Portugal wäre interessant gewesen, jedoch wären wir dann zu viel mit dem Auto unterwegs gewesen. Für die Serra de Montejunto ist es im März zu kalt, ansonsten wäre auch das ein schönes Ziel gewesen. Anbei eine Karte mit unserer Route:
1. Station – Lissabon
Stadt des Lichts, des Fado, des guten Essens, des Easy-Livings. Lissabon empfängt uns mit strahlender Sonne und blauem Himmel, der den grauen Schleier Berlins in unseren Gedanken nach kurzer Zeit verschwinden lässt. Einquartiert sind wir im Viertel Graca, hoch oben über der Stadt, von wo man über die Stadt des Lichts hinwegsehen kann bis zum Meer im Hintergrund, “wow!” An dieser Stelle auch gleich mein Tipp, wenig Gepäck mitnehmen! Lissabon ist auf mehreren, sehr steilen Hügeln gebaut, was auf Dauer mit viel Gewicht wirklich sehr anstrengend sein kann. Graca ist auch gleich eines des angesagtesten Viertel der Stadt. Ein enges Gässchen reiht sich an das Nächste. Ein kleiner, interessanter Laden neben den anderen. An schicken Tafeln aus Holz bieten Café-Inhaber mit langen Bärten und runden John Lennon Brillen vegane Speisen an, während jemand auf der Bordsteinkante sitzend Fadoklänge aus seiner Gitarre zaubert.
Währenddessen fahren Motor-Rikschas durch die Straßen und Frauen hängen hoch oben von ihren süßen Balkons ihre nasse Wäsche auf, die fröhlich vor den farbig gefliesten Fassaden flattern. Wie schön sie sind, diese Fliesen. Sie sind so typisch für Lissabon bzw. Portugal wie Serranoschinken für Spanien. Jedes Haus hat seine eigene, ganz individuelle Fliese. Hiermit wären wir auch gleich beim einem guten Mitbringsel-Tipp. Nehmt doch einfach eine Fliese mit! In einem Shop in Graca kommen wir zufällig an einem winzigen Laden vorbei, betrieben von einem jungen Portugiesen, voll mit Fliesen. Wir kommen mit ihm ins Gespräch. Alte Fliesen seien heute so beliebt, dass sie die Leute von den Fassaden wegbrechen. Nicht so er. Seine Produkte stammen aus der Sammlung seines Vaters, der Jahrzehntelang im Baugewerbe aktiv war. So kamen die Fliesen also zu seinem Sohn und erleben durch ihn ein Revival. Zum Beispiel könne man sie, so der junge Mann, als Untersetzer verwenden.
Wenn man im Viertel Graca unterwegs ist, braucht man eigentlich gar keinen Plan. Man kann sich einfach von seiner Neugier leiten lassen. Es winden sich enge Gässchen den Hügel hinauf, und überall bieten sich Blicke hinunter aufs Meer und über die Stadt hinweg. Restaurants breiten ihre Tische auf großen Terrassen aus und laden an zum Verweilen ein, um bei einem Glas Rotwein die Lebendigkeit der Straße auf sich wirken zu lassen. Graca grenzt an das Viertel Alfama, das sich hinunter bis zum Hafen zieht. Einst verrucht und rau, beherbergt es heute Restaurants für Touristen mit gehobenerem Geldbeutel. Nichtsdestotrotz findet man auch hier vereinzelt echte Perlen. Einheimische, preiswerte Restaurants erkennt man übrigens meist nicht an weißen Tischdecken, sondern vielmehr an einfachen Coca-Cola Plastiktischen.
In Graca und Alfama kann man gut und gerne zwei ganze Tage herum spazieren, Plätze, Kirchen und kleine Märkte entdecken wie zum Beispiel den sonntäglichen Flohmarkt hoch oben in Graca. Am Abend verwandelt sich Graca in ein mystisches Pflaster, und wenn man so herum spaziert, hört man hier und da die Klänge des Fado, währenddessen es zu sprechen sich, wie sagt man, nicht geziemt. Steil den Hügel hinab läuft man schnurstracks ins Viertel Barrio Baja, das niedrige Viertel also. Hier findet sich die Fußgängerzone, wenn man so will. Und dann geht es auch schon, nach Westen hin, wieder hinauf ins Barrio Alto, ein hippes Viertel mit Designerläden, stylischen kleinen Restaurants mit Betonwänden und unendlich vielen Bars. Wie man also sieht, in Lissabon wird es garantiert nicht langweilig. Wir verbringen unsere Zeit damit, durch die Gassen zu schlendern, das Leben auf der Straße zu genießen und die vielen kleinen Lädchen unter die Lupe zu nehmen. Am Abend suchen wir eines der vielen, von Familien betriebenen Restaurants auf, essen wunderbaren Stock- und Tintenfisch. Diese kleinen, urigen Restaurants sind meist mega-voll und es geht zu wie in einem Papageienschwarm. Schon für unter 10 Euro kommt man so zu einem herrlichen, authentischen Abendessen. Natürlich machen wir eine Fahrt mit der berüchtigten Tram Nr. 28, die quietschend durch die engen Gässchen Gracas fährt, um teilweise nur wenige Zentimeter an Hausfassen entlang zu fahren. Sehr viel Zeit nimmt auch das Aufspüren und vertilgen von Puddingtörtchen, den berühmten Pasteis de Nata, in Anspruch. Ja, Portugal ist das Mekka der Bäckereien, und das Pasteis de Nata ist die absolute Krönung für alle Fans von süßen Köstlichkeiten wie mich. Deswegen fahren wir auch aus der Stadt heraus, nach Belém nämlich. Dort gibt es die berüchtigte kleine Bäckerei, die die Törtchen erfunden hat.
Meine Tipps für Lissabon:
- Die Viertel Barrio Alta, Graca, Alfama
- Stock- und Tintenfisch in kleinen Familienrestaurants genießen
- Einen Ausflug nach Belém (Geburtsort der Pasteis de Nata) mit anschließenden Spaziergang am Meer
- Shopping: Portugiesische und brasilianische Musik mitbringen. Für Vinyl-Liebhaber gibt es hier exzellente Plattenläden
- Mitbringsel gebraucht? Wie wärs mit traditionellen Fliesen? Sehr typisch für Lissabon!
2. Station – das Surfernest Peniche
Nachdem wir keine Puddingtörtchen mehr sehen können, geht es mit dem Wagen, den wir erst jetzt ausleihen, nach Norden. Nach dem Trubel Lissabons sehnen wir uns nach Stille, nach Meer, nach Wellen, nach Küste. Dafür hat man von Lissabon aus viele Möglichkeiten. Ericeira wäre von Lissabon aus am schnellsten zu erreichen, doch wir entscheiden uns für Peniche. Ausschlaggebendes Argument für uns ist einfach der, dass wir davon ausgehen, dass es hier in touristischer Hinsicht weniger trubelig zugeht, ganz einfach weil es im Gegensatz zu Ericeira nicht von Lissabon aus in einem Tagesausflug erreichbar ist. Wir sollten Recht behalten!
Peniche ist ein Ort, den man laid back nennen darf. Hier macht sich keiner Stress, vor allem nicht die vielen Surfer, die sich hier direkt am Strand mit ihren Campern einrichten, um sich in die meterhohen Wellen zu stürzen. In Portugal haben Surfer die Qual der Wahl, denn schließlich wartet die ganze Atlantikküste mit sagenhaften Wellen auf. Allen voran das etwas nördlich gelegene Nazaré, Surfer-Hotspot der Welt, noch vor Hawaii. Die Wellen dort erreichen im Winter mehr als 30 Meter, das gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Das zieht natürlich viele Besucher an, was zu Lasten des authentischen Charmes eines Ortes geht. Aus diesem Grund ist Peniche eine ausgezeichnete Base. Nazaré lässt sich von hier aus im Rahmen eines Tagesausflugs besuchen. Obwohl auch in Peniche richtig gut gesurft wir – so findet hier alljährlich die Surf-WM statt – liegt hier die Ruhe selbst in der Luft.
Peniche putzt sich für den Besucher zunächst einmal nicht heraus. Man passiert eine hässliche Vorstadt, bevor man das historische Zentrum erreicht, dass sich in Form einer Halbinsel weit ins Meer hinein schiebt. Als Mutprobe passiert man eine riesige, stinkende Fischfabrik, der man einen – wie überall in Portugal – eine zu prominente Lage gewährt hat. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Es gibt allen Grund, hier zu sein. Unser Hotel ist sagenhaft schön, und sagenhaft preiswert, um einen dieser Gründe zu nennen. Der Strand befindet sich unmittelbar vor der Haustür und so steht auch schon gleich meine Joggingstrecke für den nächsten Morgen fest. Ich werde die Halbinsel, immer dem Strand entlang, einfach umrunden, herrlich! Wir zunächst einmal mieten uns Fahrräder und brechen auf zum nahegelegenen Strand Baleal, Surfgebiet.
Hohe Dünen türmen sich auf, aufgeschichtet vom mächtigen Wind des Atlantiks. Dazwischen liegen kleine Bungalows aus Holz, die kleine Surfschulen beherbergen. Surfen ist hier nämlich alles. Von hier aus führen Wege zum Strand, und in kleinen Easy Going Cafés bietet sich bei einem Cortado ein weiter Blick über das bunte Treiben da unten in den Wellen. Während sich manche Surfer bereits aus ihren engen Anzügen zwängen, sich der ein- oder andere eine etwas längere Zigaretten dreht, kommen ganze Familien mit ihren Brettern gerade erst an, um nach Feierabend noch einmal die letzten Wellen zu surfen. Wenn ich irgendwann einmal Surfen lernen sollte, dann ganz bestimmt hier. Der Strand ist nahezu endlos, schön weiß und sauber, einfach großartig. Es ist so friedlich und ruhig, als wäre die Zeit nicht existent. Wir kommen mit dem Kellner ins Gespräch: “Nobody knows about Peniche”, sagt er, “but we don’t care!” lächelt er, uns schielt hinunter auf die Wellen. Womit er sagen möchte. “Wir wissen was wir haben, das da untern nämlich: Meterhohe Wellen. Und wir lieben sie!” Abends lassen wir uns wie so oft von Tripadvisor leiten und finden ein traumhaftes, familienbetriebenes Restaurant, das Nau. Wie essen den besten Stock- und Tintenfisch, den man sich wünschen kann, zu einem geradedezu grotesk günstigen Preis. Wie schon gesagt, es gibt viele Gründe, hierher zukommen.
Abstecher nach Nazaré
Nazaré ist einer DER Surf-Hotspots der Welt. Nirgendwo sonst brechen höhere Wellen vor der Küste, bei bestimmten Bedingungen weit über 20 Meter. Der Amerikaner Garrett McNamara surfte hier eine 23 Meter hohe Welle. Und auch der deutsche Surfer Sebastian Steudtner, Biggest Wave Award Gewinner im Jahr 2015, ist immer vorne mit dabei, wenn es darum geht, die Big Waves zu surfen. Die mutigen Jungs lassen sich dabei mit Jetskis in die Wellen ziehen und reiten daran hinunter wie auf einer senkrechten, riesigen Wand aus Wasser. Wehe, man fällt jetzt! Dann kann man nur hoffen, dass der Jetski schnell genug zu Hilfe eilt. Das Spektakel zieht alljährlich eine große Surf-Community an, die ihren Helden vom Leuchtturm aus zusehen.
Video: Wanna see Big Waves, man? Here you go!
Abstecher nach Óbidos
Und noch für einen weiteren Abstecher bietet Peniche die ideale Base, nämlich für das malerische Óbidos. Durch Blumen geschmückte Gässchen kann man hier gut und gerne einige Stunden verbringen. Die mittelalterliche Stadt lässt sich auch hervorragend über die komplett umlaufende Stadtmauer umwandern. Überall sieht man hübsche, von Pflanzen gesäumte Fassaden und etliche Orangenbäume. Jetzt im März geht es gemütlich zu, doch alles in allem macht die von allen Reiseführern empfohlene kleine Stadt einen sehr touristischen Eindruck. Die vielen kleinen Geschäfte verkaufen durchweg überteuertes Kunsthandwerk. Sehenswert sind allerdings die vielen Kirchen, deren Nutzen teilweise auf interessante Art und Weise umfunktioniert wurde. Wer wissen möchte, wie sich eine Kirche als Buchhandlung macht, findet es in Óbidos heraus.
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