Stefan U. Frank: Edwin träum‘ weiter (Buchrezension)
Zu Beginn möchte ich mich bei Stefan U. Frank bedanken. Einfach dafür, dass er meinen Blog als ein passendes Medium erachtet hat, über sein Buch zu berichten. Ich fühle mich geehrt und habe es gerne gemacht. Als Self-Publisher von zwei Büchern weiß ich, wie schwierig es ist, ohne oder mit wenig Support einer Idee nachzugehen bis zum Ende. Eine Angelegenheit, die sich leider monetär oft nicht einmal annähernd auszahlt und einzig und allein mit Herzblut und Enthusiasmus zu begründen ist. Das respektiere und schätze ich und wenn ich eine Platzform sein kann, wenn auch eine kleine, dann bin ich das gerne für diese Art Projekt.
Edwin ist ein Sonderling, ein Träumer, ein in Gedanken verlorener Mensch. Jemand der von außen auf die Dinge, auf die Welt schaut in Makroperspektive, um sich dann in den feinsten Nuancen des täglichen Lebens zu verlieren. Sechsundzwanzig Kurzgeschichten hat Stefan U. Frank geschrieben, eine jede liest sich anders und eine jede nimmt uns mit in alltägliche Situationen, die wir zwar alle kennen, aber nun in anderer, ungewohnter Perspektive wahrnehmen dürfen.
In Kleckern ist Edwin bei einem Klassentreffen, währenddessen ihn ein Soßenfleck völlig aus der Bahn wirft und ein Gedankenkarussell in ihm entfesselt. Tuscheln die anderen über ihn? Haben sie ein Auge auf ihn wie einst seine Eltern, die stets sein Fehlverhalten korrigierten, ihn bewerteten, ihn nie haben frei entfalten lassen? War heute der Tag, an dem er aus dem Schatten der eigenen Unsicherheit und des Selbstzweifels heraustreten würde, um endlich mit der Vergangenheit zu brechen? Wir erleben hier einen Menschen, der in steten Gedankenspiralen und gefangen in einer fingierten Realität unfähig ist, am echten Leben teilzunehmen, den die Vorstellung einer eventuellen Meinung anderer über sich daran hindert, gelassen dem Leben ins Auge zu blicken. Edwin ist dabei in diesem Leben, ohne jedoch daran teilzunehmen.
Die Geschichte Park beschreibt jenen Edwin, der sich auf ein herrliches Wochenende freut und dafür eine To-Do-Liste braucht, weil er nun mal kein entspannter Typ ist. Er ist einsam, irgendwie allein in dieser Stadt, schaut argwöhnisch auf die Menschen und wäre dann aber doch gerne dabei. Ein irgendwie in sich zerrissener Mensch. Alles muss penibel geplant sein, auch die Fahrt zum Glascontainer. Als er an diesem Tag aber einfach keinen Parkplatz findet, auch nach der x-ten Runde um den Block, bringt das diesen seltsamen Menschen völlig aus der Fassung. Er ist sauer auf jene, die zu faul sind zum Container zu laufen, obwohl er selbst im Auto sitzt. Er weiß nun nicht mehr, wie er den Tag verbringen soll, hadert vehement zwischen Fußgängerzone und Park, endet dann in letzterem. Und während dort das alltägliche Leben zu einer Bühne der Inspiration für ihn wird, findet er zur inneren Ruhe und kehrt in sich. Versteckte er sich vor der Welt, sehnte er sich gleichzeitig aber nach Aufmerksamkeit und Verbindung zu anderen? Hier tut sich die Besonderheit, die Feinfühligkeit, die melancholische Seite von Edwin auf, die beim Leser auf Sympathie trifft.
In Fußgängerzone regt sich Edwin darüber auf, dass das Parken in der langweiligen Kleinstadt, in der er lebt, teurer wird, je näher man dieser kommt. Als wäre das Universum gegen ihn. Nachdem er sich nach endloser Suche nach einem kostenlosen Parkplatz dann doch entschließt, zwei Euro zu zahlen, stellt er fest, dass er kein Geld dabei hat. Beim Versuch, einen Geldschein zu wechseln, tritt er auch in einen Hundehaufen. Ein Ereignis, das ihn völlig aus dem Konzept bringt. Eine Odyssee durch die Stadt beginnt, während der er u.a. verwirrt zu einem Ouzo beim Griechen stolpert und zu Begegnungen der dritten Art führt.
In Balkon macht er es sich bei herrlichstem Wetter auf dem Balkon gemütlich, fest entschlossen, diesen das ganze Wochenende nicht zu verlassen. Plötzlich stört ein Rasenmäher seine Ruhe, dort wird Laub geblasen und dort repariert ein Teenager sein Mofa. Doch dann kommt ein erlösendes Gewitter und während die Menschen nach innen flüchten, bleibt er einfach sitzen und wird eins mit der der so ersehnten Stille.
So könnte ich weiterschreiben und mich jeder einzelnen Kurzgeschichte widmen, die ich allesamt gerne und mit Genuss gelesen habe. Stefan U. Frank hat eine Figur geschaffen, die mir durch Spießigkeit und Hang zu Pedanterie äußerst fern liegt, mich zugleich aber fasziniert in jenen Phasen, in denen sie sich davon befreit und eintaucht in die Nuancen des täglichen Lebens, die ich so noch nicht gesehen oder wahrgenommen habe. Edwin träum‘ weiter braucht nicht den Blick in die Ferne, sondern findet die Magie in scheinbar banalen Momenten, denen wir häufig keine Aufmerksamkeit schenken. Die Lektüre hat mich durchaus dazu inspiriert, aufmerksamer durchs Leben zu gehen und den Tag als eine Aneinanderreihung von Augenblicken zu betrachten, die das Leben selbst sind und es wert sind, beachtet zu werden.