Filmtipp: GOSHEN
Titelbild: Luis Escobar / 2006 “BORN TO RUN” TEAM. Das Foto wurde mir von Noren Films für meinen Artikel über das Buch BORN TO RUN zur Verfügung gestellt.
Diese international preisgekrönte Filmdokumentation von Dana & Sarah Films aus dem Jahr 2015 wirft einen Blick auf “Die, die laufen”. WER? Die Rede ist von den Tarahumara, den Rarámuri. Jenes indigene Läufervolk aus den mexikanischen Copper-Canyons, das durch Christopher McDougalls’ BORN TO RUN weltberühmt wurde. Born to Run hat wie wohl kein anderes Buch zuvor einen beachtlichen Teil einer ganzen Läufergeneration zum Nachdenken gebracht und enorm zum Positiven beeinflusst, was die Art und Weise angeht, wie wir laufen. Die Kraft in dem Buch ist nicht etwa, dass darin ein Universalrezept steckt, das für alle gilt und leicht umzusetzen ist. Sicherlich nicht! Die wahre Kraft liegt für mich darin, dass eine Oberfläche aufgebrochen wird und uns eintauchen lässt in eine neue Welt, die wir selbst ergründen müssen. Das Wichtige ist also das AHA-Erlebnis, das sich auftut. Und wenn man nun anfängt, in dieses neue Universum einzutauchen, dann kann man wirklich so etwas wie eine läuferische Erleuchtung erfahren. Genau so erging es mir. Mich hat dieses Buch (läuferisch) BEEINFLUSST wie kein anderes. Und das hängt zusammen mit der Perspektive, aus der McDougall das Laufen betrachtet. Und diese hängt zusammen mit den Tarahumara – “Die, die laufen”.
Filmtrailer (ganzer Film unten!)
Die, die laufen
Nähert sich Born to Run den Tarahumara in einem gewissen Abstand, um diese am Rand der Storyline mitzunehmen, sind sie in dieser Dokumentation nun im Fokus der Linse. Wer sind die Tarahumara? Wie leben sie? Warum werden sie uralt? Warum erkranken sie nicht an westlichen Zivilisationskrankheiten? Und hell yes, warum gehören sie bis ins hohe Alter selbst in untrainiertem Zustand zu den besten Ultraläufern der Welt? Nun – der Einblick den wir hier erhalten, eröffnet das Verständnis für eine Kultur, die sich bis heute zu bewahren versucht gegen jeglichen Einfluss der westlichen Welt. Und das liegt im Wesentlichen daran, dass sie leben, wo sie leben – in einem der entlegensten Winkeln den Welt, den Copper Canyons in Mexiko. Das Geheimnis ihrer Gesundheit und extremer läuferischer Stärke liegt in der Jahrhunderte alten Überlieferung von Wissen und Traditionen von einer Generation zur nächsten. Diese wären: Wissen über Lebensmittel, die in der spärlichen Umgebung zu finden sind, und über deren Wirkungsweise. Wissen über landwirtschaftliche Methoden. Aber vor allem liegt ihre Stärke in ihrem Sinn für das Leben innerhalb einer festen Gemeinschaft, die auf Prinzipien der Solidarität beruht, in der as Geben mehr, viel mehr bedeutet ist als das Nehmen.
Laufen ist für sie zweierlei. Erstens: Zwingende Notwendigkeit zur Erhaltung ihrer Gemeinschaft in einer extremen Landschaft. Zweitens: Ein Spiel, das die Gemeinschaft stärkt, indem nicht gegeneinander, sondern miteinander gelaufen wird. Und diese Art des Laufens hat sehr viel zu tun mit dem Ursprung von uns Menschen, der unmittelbar mit dem Laufen zu tun hat und dem wiederum McDougall in Born to Run nachspürt. Der Mensch als gemeinsam jagende Sippe, die unentwegt durch die Steppe zieht, von Ort zu Ort, immerzu laufend. Das Ballspiel, das wunderbar mit Musik unterlegt im Film gezeigt wird – hey, ich musste wirklich fast heulen – das ist es, wo wir alle herkommen. Die Tarahumara sind sehr nah dran an dem, was wir alle einmal waren – die GEBORENEN LÄUFER! Und bei dem Film wird noch etwas sehr deutlich. Dass die Tarahumara viel mehr sind als die, die laufen. Es ist eine ganz besondere Kultur, die auf wundersame Weise den Weg in ein fröhliches, gesundes und langes Leben gefunden hat. Eine Kultur, die uns zu versetzen gibt, dass der Schlüssel zum Glück nicht im Nehmen liegt, sondern im Geben. Un die Tarahumara, sie sind bedroht wie andere Minderheiten auch. Durch den Klimawandel, auch uns! Der Film ist auch ein Plädoyer dafür, mit allen Mitteln zu versuchen, Kulturell zu bewahren.