DER MENSCH LÄUFT – eine Umfrage zum Berlin Marathon
Der Berlin Marathon steht am kommenden Wochenende an und damit bekanntlich einer der größten, schnellsten und wichtigsten Marathons der Welt. Niemand Geringeres als Eliud Kipchoge wird dabei sein und bei den Frauen diesmal Keira D’Amato, die es als einzige Nicht-Kenianerin schaffen könnte, ein solches Rennen zu gewinnen. Der Berlin Marathon kann vieles sein – Sehnsuchtsort vieler Läufer*Innen aus aller Welt und gleichermaßen ein Lauf, an dem man auf keinen Fall teilnehmen möchte.
Die Umfrage
Für mich ist dieser Lauf beides – abschreckend und faszinierend zugleich. Die Meinungen gehen hier weit auseinander und deshalb ist es toll, dass sich Erik vom Laufblog DER MENSCH LÄÜFT umgehört hat, was Laufblogger*Innen – und erfahrene Läufer*Innen gleichermaßen – über DEN LAUF Deutschlands so denken. Gefragt wurden u.a. die Autoren der Blogs LAUFEND ESSEN, SPORTS INSIDER, THOMAS MIELKE, LAUFEN HILFT, THE HIGHWAY TALES, KAI’S WEBBLOG, RUNOMATIC, IWAN BLOGGT, HISKY, STARTBLOG F, MEIN LAUFTAGEBUCH, AUSDAUERBLOG, IN 80 MARATHONS UM DIE WELT, und ach ja, meine Wenigkeit. Dass ich gefragt wurde hat mich gefreut, danke Erik an dieser Stelle! Seit 2015 besteht mein eigenes Blog, in dessen Rahmen ich mich über die Jahre immer mehr dem Laufen gewidmet habe. Und wenn man so schreibt über das, was wir Läufer*Innen so machen, über das Laufen in all diesen Facetten, die sich immer feiner verästeln, dann lernt man sich kennen in der Szene. Gewiss, die Laufblog-Szene ist eine große, aber sie hat einen harten Kern an Schreibern, die kontinuierlich über Jahre dabei sind, die verrückt sind, brennen für das, was sie da tun. Die man verfolgt und auf die man immer wieder trifft. Man kennt und beobachtet sich ein bisschen auf STRAVA, verfolgt das Training und freut sich über neue Erfahrungen, neue Erkenntnisse und ja – auch mal über eine andere Haltung über unseren Sport, die den eigenen Horizont erweitert, die inspirierend ist.
Wir ticken alle anders, doch im Kern sind wir alle… Läufer*Innen
Wir alle ticken anders, verfolgen andere Ziele, das erkennt man schon an den Namen der Blogs und auch an den Antworten zu Eriks Fragen, was den Berlin Marathon angeht. Aber im Kern verbindet uns eines – WIR ALLE SIND LÄUFER, durch und durch. Alle vernarrt, etwas fanatisch gar, extrem vielleicht, was den Stellenwert dieses Sports in unserem Leben angeht. Jedenfalls ist es überaus interessant, was Erik da zusammengestellt hat, vielen Dank dafür und viel Spaß beim Lesen! Und am Sonntag, da werde ich da sein, beim Berlin Marathon. Nicht auf der Strecke, nicht als Helfer, sondern als Zuschauer. Weil ich Kipchoge sehen will, einmal mehr, in einer Pace von 2:50 auf den Kilometer. Das ist ein Wunder für mich – ja, ein Wunder ist es, dass jemand so schnell, dass jemand so laufen kann!
Fragen und Antworten
Da Erik die Antworten verständlicherweise gekürzt hat, möchte ich diese dennoch hier in voller Länge veröffentlichen:
Hast du vor beim Berlin-Marathon zu starten? Falls ja, was hast du dir dafür vorgenommen (z. B. eine bestimmte Zielzeit)? Falls nein, warum bist du nicht dabei?
Ich werde dieses Jahr nicht in Berlin laufen, da ich stattdessen im Oktober in Frankfurt starten werde. Für diesen Marathon befinde ich mich gerade in der Endvorbereitung und mein Ziel ist es, dort die Drei-Stunden-Marke erstmals zu unterbieten. Wie in Berlin, so ist auch die dortige Strecke durchgängig flach und ideal für einen ambitionierten, schnellen Marathon. Da dort auch merklich weniger los ist, fällt es mir auch leichter, mich zu fokussieren, was bei meinem Vorhaben für mich persönlich immens wichtig ist. Berlin ist ein riesiges Spektakel, das erlebt werden möchte. Mein Fokus aktuell ist es aber, eine Zeitmarke zu knacken, und dafür ist so ein Mega-Event für mich einfach nicht der Ort, das zu tun. Mit dem Berlin-Marathon verbinde ich allerdings ganz besondere Erinnerungen, denn 2016 lief ich dort meinen ersten Marathon in einer Zeit von vier Stunden und acht Minuten. Völlig unerfahren unterlief mir damals der Fehler, den alle anfangs machen. Ich ging zu schnell los und lernte den unerbittlichen Mann mit dem Hammer kennen. Die unfassbare Stimmung in Berlin trug mich jedoch bis ins Ziel – ein unfassbarer, harter Kampf war das, den ich nicht vergessen werde!
Im Normalfall laufe ich im Jahr zwei ambitionierte Wettkämpfe auf diese Distanz stets mit dem Ziel, schneller zu laufen als vorher. Im Gegensatz zu einem Halbmarathon, den man immer auf Vollgas laufen laufen kann, sind im Normalfall zwei am Limit gelaufene Marathons im Jahr möglich und diese suche ich mir dann schon mit viel Bedacht aus, die Qual der Wahl eben. So bin ich bereits in Athen gelaufen oder in Hamburg, wo auch meine Bestzeit von derzeit 3 Stunden und 12 Minuten steht. Den Südliche Weinstraße Marathon wäre ich gerne dieses Jahr gelaufen aber leider kam mir das Virus dazwischen. Das ist schade, weil ich so hart dafür trainiert habe, aber so ist das manchmal. Vielleicht wird es nächstes Jahr was. Ob ich wieder einmal in Berlin starten werde? Vielleicht nicht! Mich zieht es zu den kleineren Events und längerfristig wohl eher auf den Trail und den Ultra-Bereich, mal sehen. Wenn irgendwann die Zeit keine Rolle mehr spielen wird, werde ich ganz sicher mehr Marathons im Jahr laufen als jetzt. Nimmt man die Zeitambition aus dem Wettkampf, kann man mehr davon laufen, so einfach ist das, und dann wird Berlin bestimmt mal wieder auf meiner Liste stehen. Für mich haben diese Art Mega-Events zwar eine Faszination, aber auch eine abschreckende Wirkung. Ein Wettkampf ist für mich ein Wettkampf und kein Sightseeing-Trip, und so mancher großer Lauf ist auf dem Weg genau dorthin. Darauf habe ich keine Lust!
Was denkst du, wer den Berlin-Marathon gewinnen wird (Männer und Frauen)? Mit welcher Siegeszeit rechnest du (Männer und Frauen)?
NEVER BET AGAINST THE CHAMP! Eliud Kipchoge wird gewinnen unter 2 Stunden und drei Minuten. Er ist ein unfassbarer Läufer und es war stets ein tolles Erlebnis, ihn beim Berlin Marathon des Öfteren in meinem alten Kiez Kreuzberg vorbeilaufen zu sehen, in der Gneisenaustraße war das. Bei den Frauen wird es bestimmt sehr spannend zwischen Keira d’Amato aus den USA und Nancy Jelagat Meto aus Kenia. Die Bestzeiten der beiden liegen nah beieinander und es wäre mal eine Überraschung, wenn eine Nicht-Kenianerin gewinnt. Deswegen wünsche ich der Amerikanerin den Sieg.
Wie siehst du die Entwicklung des Berlin-Marathons? Welche Wünsche und Erwartungen hast du für die Zukunft des Berlin-Marathons?
Ich bin kein Fan von „immer größer“ und „immer weiter“. Ich habe letztes Jahr sowohl beim Berlin Marathon als auch beim 100-Meilen-Ultra als „Volunteer“ geholfen und würde mir wünschen, dass der Spirit von letzterem bei ersterem Event einfließt. Zum Beispiel ist es bei den meisten Ultras und im Trailbereich so, dass die Läufer*Innen ihre wiederverwendbaren Trinkbecher selbst mitnehmen und jegliches Wegwerfen von Verpackungen jeder Art streng untersagt ist. Das finde ich ganz toll und diese Läufer*Innen, die man dort antrifft, verkörpern auch genau das! Beim Berlin Marathon erleben wir jedes Jahr eine Verschwendung immensen Ausmaßes. An dem Stand, an dem ich geholfen habe, war so ziemlich jeder schockiert von den zigtausenden Plastikbechern, die da im Sekundentakt auf den Boden geworfen werden. Ich finde, das muss sich ändern, und nicht nur das. Niemand braucht diese „Goodie-Bags“ mit tonnenweise Schrott zum Wegschmeißen! Das ist nichts anders als die Produktion von Müll und ich finde, die Veranstalter müssen da mehr Verantwortung übernehmen, ganz einfach! Im Ultrabereich sind die Eliteathleten sehr umweltbewusst. Manche bestreiten wegen ihres CO2-Footprints nur eine gewisse Anzahl von Rennen. Andere wie zum Beispiel Kilian Jornet – einem der großen Stars der Szene – veröffentlichen ihre CO2-Abdruck sogar auf ihren Websites und versuchen diesen zu verbessern oder auszugleichen. Die großern Marathons könnten sich davon eine Scheobe abschneiden. Ich meine, Athleten reisen aus der ganzen Welt an und verursachen einen Schaden dadurch. Ein Lösungsansatz wäre zum Beispiel, dass dafür ein Bewusstsein geschaffen und die Möglichkeit eingeräumt wird, den Schaden zu kompensieren. Die großen Marathons laufen Gefahr, Spaß Events für jedermann zu werden und viele Läufer*Innen wenden sich aus genau diesem Grund von Straßenlauf ab. Es kann sein, dass auch ich bald dazugehöre, wenn die Drei-Stunden-Marke fällt. Das finde ich sehr schade, weil für mich der Straßenlauf sinnbildlich für Athletik steht, weil hier seit jeher am Limit gelaufen wird.