Hängematten-Geschichten
Leben und leben lassen
Mein Bruder hat da diesen Garten. Das Haus ist am Hang gebaut, und so muss man zunächst ein paar sandsteinerne Stufen überwinden, um dann vor der von einem auf Stützen ruhenden, über einem schwebenden Balkon überdachten Eingangstür zu stehen. An den Stützen klettern die wilden Blätter von Pflanzen, die ich nicht kenne, in die Höhe in Richtung Balkon, und der Eingangsbereich wird flankiert von einem sehr alten Obstbaum, der wohl genauso viele Geschichten erzählen könnte wie dieses Häuschen hier. Es wirkt durchaus etwas französisch, was zum einen an den hölzernen Fensterläden liegt, die gegenüber modernen Rollläden bevorzugt wurden, was wiederum etwas damit zu tun, dass die französische Grenze nicht weit entfernt liegt. Zum anderen aber auch daran, weil der Natur, dieser Wildheit an sich, Raum gelassen wird zu tun, was sie möchte. Leben und leben lassen also. Ein Haus wie dieses wirkt ganz anders auf dessen Besucher als eines jener hermetisch abgeriegelten Parzellen der Neubaugebiete mit ihren steinernen Vorgärten, in die sich kein Vögelchen und kein Bienchen mehr verirrt. Nein, nein, die sind hier auf der Rückseite des Hauses, im Garten, wo man sie wollkommen heißt. Neulich erzählte mir mein Bruder, dass sich sogar schwarz-blaue Bienen bei ihm herumtummeln, eine Art, die als fast ausgestorben gilt.
Eine Hängematte passt nicht zu jedem
Nun – während man sich bei den Steinvorgartenhäusern fast nicht die Einfahrt hinein traut und schon gar nicht die Kameraklingel betätigen möchte, weil sich nun mal niemand auf der Welt gerne aus dem Versteck heraus beobachtet fühlt, verhält es sich hier ganz anders. Das Eingangstor steht immer offen, signalisiert also: „Hey komm rein, wenn du willst!“ Im Prinzip ist das wie in Kanada, wo man Haustüren nicht abschließt. Und so fühlt man sich an einem schönen Sommertag gleich eingeladen, erst gar nicht zu klingeln und direkt um das Haus herumzugehen, schnurstracks in den Schwarzbienen-Garten. Und macht man das dann, dann stellt man folgerichtig fest, dass die Hausherren damit überhaupt kein Problem haben. So hat einen die anfängliche Intuition beim Betrachten des Hauses also nicht getäuscht. Es ist also, wie schon mehrfach erwähnt, ein besonderes Haus, das eine gewisse Lockerheit ausstrahlt ganz nach dem Motto: „Du bist jederzeit willkommen, komm einfach rein auf ein Tässchen Kaffee, wenn du Lust hast.” Und im Garten dieses Hauses, dort hängt zur einen Seite am Ast eines großen Obstbaumes, zu anderen an einer alten Wäschestange befestigt, eine Hängematte, die zu diesem Haus passt wie der Punkt auf dem „I“. Und damit will gesagt sein: Eine Hängematte passt nicht zu allem und nicht zu jedem, sondern will gekonnt dort hängen, wo sie in ihrer Wildheit und frechem Charakter willkommen ist.
Die Zeit vergessen
Eine Hängematte ist die Antibewegung zum glatten, leicht abwaschbaren Rattanmöbel der Steingartenfraktion, der bärtige Typ unter den glatt rasierten, der Pirat unter den Seefahrern, das matschige Auto in der Becks-Werbung, das bei Regen rausfährt, während die polierten in den Garagen verschwinden, der schlapprige Pyjama unter den Frottee-Schlafanzügen, der am Frühstücksbuffet des Hotels ausdrückt: „Fuck you all!“ Und, nun ja, wenn ich im besagten Haus zu Besuch bin, dann ist das erste, was ich aus innerem Antrieb heraus mache, mich in diese Hängematte reinzulegen. Ein Beinchen lasse ich dann raushängen und schubse meinen Barfuß – meine Socken und Schuhe liegen längst irgendwo herum – leicht auf dem Rasen ab. Und dann baumle ich sachte hin- und her und vergesse nach kurzer Zeit, ja genau – die Zeit! Ich betrachte die Wolken, wie sie dahinziehen, die Streifen der Flugzeuge, und warte geduldig auf das Brummen einer dieser Schwarzbienen. Kurz, ich hänge ab, ja, ich chille, mache absolut überhaupt nichts. Und das mache ich deshalb, weil ich das hier darf. Und jetzt ist diese Einleitung schon länger geworden, wie ich sie eigentlich haben wollte, und unterm Strich war das schon die erste – Hängemettengeschichte!
Am Ende der Welt
Ich stand einmal da, wo früher die alten Seefahrer standen, am Kapp Sao Vicente in Portugal, dem südwestlichsten Punkt Europas. Dort in den Felsen steht ein Leuchturm, und sechzig Meter weiter unten rasen die mächtigen Wellen des Atlantiks gegen die mächtigen Klippen. Wenn man dort steht dann wirkt es auch heute noch wie das Ende der Welt. Ab hier fängt der Ozean an und hört nicht mehr auf, ein Ort der Träume also. Geträumt hat damals auch Kolumbus und brach auf in die neue Welt, nicht weit von hier weg. Wenn man an all das denkt, was er mitgebracht hat, dann fällt einem ja so einiges ein, eines wahrscheinlich aber nicht – die Hängematte. Dabei war der Kapitän selbst doch so verwundert, als er in den Antillen dieses eigenartige Schlafnetz der Taíno namens hamaca, wie es dort genannt wird, zu ersten Mal sah, dass er folgendes in sein Notizbüchlein schrieb: „Ihre Betten und Decken sind wie Netze aus Baumwolle!“ Zu sehr auf die Suche nach Gold fixiert, merkte man irgendwie noch nicht, dass man eine der sensationellsten Entdeckungen bereits gemacht hatte, die das Leben der Seefahrer für immer verändern würde. Was jetzt kommt ist hart, aber auch hartes muss manchmal einfach gesagt werden.
Als sich die Seefahrer aus dem Dreck erhoben
Also: Für die noblen Völker wie den Inka oder den Maya, die man in den neuen Welt entdeckte, muteten Leute wie Kolumbus oder Pizarro und vor allem deren Gefolge mehr oder weniger an wie bärtige, ungepflegte, stinkende Penner. Das lag unter anderem an ihren Betten aus Stroh oder Pferdehaar unter Deck, die sich bei starkem Seegang vollsogen mit allem, was da untern so hin- und her schwankte, inklusive Exkremente. Kein Wunder also, dass der wahre Sieg über die zahlenmäßig weit überlegenen Völker in Südamerika durch Seuchen gewonnen wurde, die dem stinkenden Inneren der Schiffe entstammten, in gewissem Sinne genau dem zu verdanken war. Die Matrosen adaptierten die Hängematte nun. Sie war leicht zu fertigen, sparte viel Platz und hob den Schlafenden über den siechenden, hin- und her schwappenden Dreck, die Ratten und was auch immer sich auf den Planken der Schiffe herumtrieb.
Nicht nur bequem
Und es stellte sich heraus, dass die Hängematte noch etwas machte, sie schützte vor Seekrankheit. Schwankten die Schiffe stark, glichen die baumelnden Hängematten die Bewegungen zu einem großen Teil aus und verhalfen zu einem sichereren, gemütlicheren Schlaf, als dies auf den Planken der Fall gewesen wäre. Aus genau diesem Grund gehört eine Hängematte im Übrigen in jede gute Bordapotheke gehört und es leuchtet ein, dass die Hängematte im Folgejahrhundert ihrer Entdeckung unter dem Namen „Brasilianisches Bett“ zur Standardschlafkoje der Seefahrer wurde. Die platzsparende Eigenschaft wiederum erleichterte einem ganz besonderen Reisenden im 19. Jahrhundert über fünf Jahre hinweg das Leben auf einem Schiff namens „Beagle“ – Charles Darwin. Die Verhältnisse auf dem Schiff waren so beengt und seine kleine Kabine so voll mit Büchern, Instrumenten und sonstigem Gedöns, dass er, das ist überliefert, in einer Hängematte über seinem Schreibtisch schlief. Das machte Sinn. Eine Hängematte verschwindet so schnell wie sie aufgebaut ist, nämlich in Sekunden in einer kleinen Tasche, als wäre sie nie hier gewesen. Das kann man von einer 1,40 x 2,00 Meter Matratze nun wahrlich wirklich nicht behaupten. Eines der schlimmsten Aufgaben bei einem Umzug ist nun wahrlich der Transport einer Matratze von A nach B, geschweige denn Rost und allem drum und dran. Und da sind wir wieder am Anfang. Die Taíno und Co wussten und wissen einfach, was gut ist.
Südamerikanische Raffinesse
Das sieht man mal weder, dass die damals von den Europäern als primitiv erachteten Völker in jeglicher Hinsicht – leider einzig und allein nicht in der Kunst des Krieges– überlegen waren. Das traditionell aus Lianen geflochtene, in ganz Südamerika verbreitete Schwebebett nämlich gab es dort schon, so vermutet die Wissenschaft, seit guten 30.000 Jahren, was die Hängematte in gewissem Sinne zu Wiege der Menschheit macht. Neben den platzsparenden, hygienischen und bequemen Eigenschaften kann eine Hängemette aber noch viel mehr. Während die Maya die kühlenden Facetten des rundherum belüfteten hängenden Bettes schätzten und sich in Sicherheit wiegen konnten vor giftigen Tieren auf dem Boden, nutzten sie die Taíno praktischerweise gleichzeitig als Fischernetz. Quasi als Schweizer Taschenmesser unter den Betten. So unterschiedlich die Nutzung, so unterschiedlich auch die Machart. War in Mexiko seit jeher die Netzhängematte verbreitet, verwendete man in Südamerika eher Tuch. Dort wiederum kam kein Spreizstab zum Einsatz, im Norden dagegen schon.
Na was denn jetzt
Während man sich bei der Henne und dem Ei nie wird einigen können, ist eines ganz klar. Die Hängematte war zuerst da. Das ist auch der Grund, warum sie in weiten Teilen Südamerikas noch immer und wohl für alle Zeit bevorzugtes Schlafmedium ist und auch in vielen andern, tropischen Gebieten der Welt. Bei uns kam es nie dazu, denn wir waren schon immer und werden es wohl auch immer bleiben – Besserwisser. Zwar setzte die Hängematte durch die günstige Massenproduktion zu einer Art Siegeszug an, wurde chic und irgendwo zum Symbol Entspannung, aber niemals wurde sie eine Alternative zum Bett. Das aber kann sich aber durchaus noch ändern. Schließlich hat man bei uns ja auch Yoga für sich entdeckt, Tai Chi, Meditation, Tofu, Zitronengras Barfußlaufen und was weiß ich noch alles. Vielleicht demnächst auch die Hängematte? Warten wir’s ab! Caravaning und Mikroabenteuer sind in Zeiten von Corona ja auch angesagt, das Hotel weniger. Die Natur wird also wieder entdeckt, und in der Natur ist die Hängematte auch angesiedelt, ganz nah am Ursprung also. Und so mancher Camper da draußen baumelt heute in der Nacht lieber in einer Hängematte unter freiem Himmel statt im Zelt. Na, wenn da nicht was im Busch ist.
Auf dem Dach
Mit Dächern kenne ich mich aus. Hast du schon mal auf einem Dach geschlafen? Nein? Es gibt nichts besseres, mein Lieber. Ich erinnere mich beim Schreiben dieses Textes verbrachte Nächte auf dem Dach einer Jugendherberge in Cádiz, einer der schönsten Städte Spaniens. Die Nächte dort sind heiß, so dass man es drinnen kaum aushält. Jedenfalls buchte ich, es ist lange her, im Zuge einer Interrail-Reise ein paar Übernachtungen in einer Jugendherberge. Beim Einchecken sagte man mir, das sich gerne, wenn ich wolle, auch auf dem Dach schlafen könne, dass sei zwar einfach, aber günstiger. Wie, auf dem Dach, dachte ich mir und fragte mich, ob ich nach zwei Monaten Reise schon so abgerissen aussehe. Aber günstiger hörte sich gut an. Also ging ich aufs Dach, um nachzusehen, was da los war. Ud dort baumelten Abenteurer aus aller Welt sachte hin und her in ihren Hängematten. Und mir war in dem Moment klar, das hier war the Place to be. Und so schlief ich auf einem Dach in Cadíz, baumelte hin und her, während die Geräusche, die Gerüche, das Temperament dieser Stadt zu mir hoch drang wie Musik. Über mir verwandelte sich der grelle Himmel im marine-blau, irgendwann schwarz, und ein Stern nach dem anderen tauchte über mir auf. Ein Hauch von Glück war das, ein toller Moment, von dem heute noch ein Stück übrig ist. Und die Hängematte, in der ich baumelte, hatte sehr viel damit zu tun.
Die perfekte Hängematte
An dieser Stelle möchte ich Maurits von Tropilex danken. Zum einen für die Möglichkeit, etwas über Hängematten zu lernen und zu schreiben, zum anderen für die Kooperation, von der ein Blog letztlich lebt. Der erste Eindruck meiner Hängematte von Tropilex war: Eine wunderschöne Farbe, ein absolut schlichtes, reduziertes Design, eine wirklich fantastische Verarbeitung, Robustheit und ein tolles Gefühl, wenn man darin liegt und mit der Haut den edlen Stoff berührt. Hinzu kommt noch die originelle Verpackung in Form eines Stoff-Tragebeutels in identischer Farbe. Es gibt aber noch etliche weitere Gründe, die jenseits des unmittelbaren Eindrucks für das Produkt sprechen.
- Jede Hängematte ist handgefertigt
- Fair-Trade-Prinzip beim Einkauf (Kontrolle fairer Arbeitsbedingungen vor Ort sowie die Bedingungen der Rohstoff-Beschaffung)
- Traditionelle Herstellung von Hand dort, wo die Produkte ursprünglich auch herkommen (Brasilien, Kolumbien, Indien)
- Mitgliedschaft bei 1% For The Planet (1 % des Jahresumsatzes fließt in die Unterstützung gemeinnütziger Umweltschutzorganisationen)
- Oeko-Tex® Zertifizierung (strenger als die gesetzlich festgelegten, den Anteil an Chemikalien betreffenden Regularien)
- FSC® Zertifizierung für den Holzanteil
- Verwendung gebrauchter Kartons beim Versand
- C02-neutraler Versand
Ein genaues Bild von Tropilex kannst du dir unter o.g. Link machen oder bei Hängemattenwelt.
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