China – die verbotene Stadt
Es gibt gewisse Orte, ohne die ein Besuch Chinas einfach nicht komplett wäre. Die verbotene Stadt gehört dazu. Wer Peking besucht, sollte sich einen ganzen Tag reservieren, um sich in der riesigen Anlage zu verlieren uns seinen Geist in die Vergangenheit fliegen zu lassen. Der lange Weg Chinas, von einstiger Größe über Unterwerfung an das vereinigte Königreich, den Weg hin zur Tyrannei bis hin zu einer neuen, bedeutenden Rolle in der heutigen Welt, er manifestiert sich hier in diesen Mauern.
Zunächst einmal überquert man den berühmten Tiananmen, den Platz des Himmlischen Friedens. Ein riesiger Platz, der größte der Welt, um genau zu sein. Mittendrin das Mausoleum, vor dem sich endlose Schlangen bilden, um dem großen Führer Mao zu huldigen. Flankiert wird der Platz von der Great Hall oft he People, dem neuen Zentrum der Macht im Reich der Mitte. Lässt man den Platz nach einer gefühlten Ewigkeit, die man zu dessen Überquerung braucht, hinter sich, dann betritt man ein anderes China, das alte Reich der Mitte. Nicht nur heute hatte China eine vorherrschende Rolle in der Welt, sondern schon viel früher. Nirgendwo sonst wird das so deutlich wie in der ‚Verbotenen Stadt‘. Der Zutritt für Normalsterbliche war damals verboten, daher rührt der Name jener berühmter Gemäuer. Gugong nennt man die riesige Anlage auch noch, Kaiserpalast, oder auch Zijinchen, die purpurne, verbotene Stadt. In diesen Mauern lebten vom frühen 15. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Kaiser der Ming- und Qing-Dynastien.
Bau und Architektur
Im Jahr 1406 begannen unter Ming-Kaiser Yongle die Bauarbeiten, die lediglich bis 1420 andauerten. Eine erstaulich kurze Zeit für die Gesamtfläche der Anlage von knapp 700.000 m². Möglich machten dies über eine Million Sklaven und mehr als hunderttausend Kunsthandwerker. Fast 900 Paläste und zahllose Pavillons beherbergen zigtausende Räume. 9.999 Räume und ein halber seien es der Legende nach. 10.000 Räume dürfe nur der Himmel besitzen, nicht aber die Kaiser, die Söhne des Himmels. Gelegen inmitten der Hauptstadt im Viertel Dongcheng, liegt der Komplex denkbar mächtig dar mit einer 10 Meter hohen und über drei Kilometer langen purpurnen Mauer und einem mehr als 50 Meter breiten Wassergraben. In allen vier Himmelsrichtungen führt jeweils ein mächtiges Tor ins Innere des Heiligtums. Heute betreten Besucher die Anlage durch das acht Meter hohe Mittagstor ‚Wumen‘, das sogenannte ‚Fünf Phönix Tor‘. Die geschwungenen Dächer der unzähligen Paläste und Pavillons werden von vergoldeten und gelb gebrannten Ziegeln geschmückt, die Farbe der Kaiser. Keinem Gebäude in der Hauptstadt war es erlaubt, die kaiserlichen Gebäude in ihrer Höhe zu überragen.
Ein architektonisches Meisterwerk
Die verbotene Stadt ist ein Architektonisches Meisterwerk. Gemäß der Weltanschauung der alten Kaiser. Der Grundriss ist nahezu rechtwinklig, die Gebäude streng an der Nord-Süd-Achse angeordnet und der Gesetzmäßigkeit von Yin und Yang ausgerichtet, wie alles im alten China. Unterteilt ist die Anlage in den äußeren Hof Waichao und den inneren, Neiting’. Ersterer diente offiziellen Besuchen, die in der Halle der Mittlerern Harmonie oder in der Halle der Wahrnehmung der Harmonie empfangen wurden. Von hier aus führt der Weg durch ein mächtiges Tor, das den Namen Tor der Höchsten Harmonie trägt. Es wird von zwei bronzenen Löwen flankiert, Symbol für die Stärke und Macht des Kaisers, und gibt den Blick frei auf das wichtigste Gebäude, die Halle der höchsten Harmonie, Tai He Dian. 24 Stützen tragen die Last dieses fast 40 Meter langen Gebäudes, in dem der Drachenthron dominiert, welcher von zwei Elefanten, welche für Frieden stehen, flankiert wird. Es war jeder Raum, in dem ein neuer Kaiser einen alten ablöste, Geburtstage gefeiert, die Wintersonnenwende und Hochzeiten gefeiert und Generäle das Mandat für ihre Feldzüge erhielten. Den inneren Hof dominieren drei Paläste, welche der kaiserlichen Familie und derern Hofstaat vorbehalten war. Spruch, hunderte hübsche und streng ausgewählte Konkubinen und mehrere tausend Eunuchen.
Kleiner Exkurs in die Geschichte
Bis ins Jahr 1644 regierte der letzte Kaiser der Ming-Dynastie, Kaiser Chingzhen. Er erhängte sich, als Rebellen unter dem Bauernführer Li Zicheng die Stadt stürmten und er merkte, dass sein Gefolge längst geflohen ist. Doch auch Li Zicheng musste bald selbst vor den verhassten Mandschuren fliehen, die die Anlage in Brand steckten. Im Oktober des gleichen Jahres siegten die Mandschuren und hielten eine Siegeszeremonie in der verbotenen Stadt ab. Der sechsjährige Kaiser Shunzhi wurde zum ersten Kaiser der Qing-Dynastie ausgerufen, auch Mandschuren-Dynastie genannt. Von nun an mussten Han Chinesen den mandschurischen Zopf tragen. Peking wurde zweigeteilt, in einen chinesischen und einen mandschurischen Teil. Es gab immer wieder Aufstände gegen die verhassten Herrscher, doch erst Mitte des 17. Jahrhunderts verschob sich die Macht wieder zu Gunsten der Han Chinesen, die wieder ihre Sprache sprechen durften.
Doch letztlich war das nur der Anfang vom Ende des Kaiserreichs. Eine neue Gefahr witterte bereits ihre Chance, die Europäer, allen voran das British Empire. Die Chinesen machten den Fehler, die Europäer in ihrer Machtbesessenheit zu unterschätzen. Europäische Kaufleute hatten es schon im 16. Jahrhundert auf chinesische Waren wie Porzellan, Seide und Tee abgesehen, durften aber ihrerseits nicht frei handeln. China, das seinerseits an europäischen Produkten wenig Interesse zeigte, beschränkte schlichtweg den Seehandel. Die britische East India Company begann ab dem frühen 19. Jahrhundert, systematisch Opium zu importieren, um im Gegenzug die begehrten Produkte zu erhalten. Subtile Taktik war, die Bevölkerung, allen voran leitende Beamte, in die Drogenabhängigkeit zu stürzen und fortan leichten politische Interessen durchzusetzen. Das war der chinesischen Führung ein Dorn im Auge, die den Opiumhandel schlichtweg verbot und die Droge im großen Stil vernichtete. Darauf hat das Empire nur gewartet. Es entsandte Kriegsschiffe in den ersten Opiumkrieg, in dessen Folge China die Stadt Hongkong annektierte und zahlreiche Häfen wie zum Beispiel in Shanghai für den Handel öffnete. Damit begann der Niedergang Chinas, fortan Kolonie westlicher Mächte.
Die Reibereien mündeten schließlich in einen zweiten Opiumkrieg, als sich Peking weigerte, europäische Niederlassungen zuzulassen. Eine französisch-britische Armee marschierte bis an die Tore der verbotenen Stadt und ganz Peking war im Jahr 1860 besetzt. Der letzte Kaiser Pu Yi dankte letztlich im Jahr 1912 ab, es war das Ende des chinesischen Kaiserreichs und der Beginn der Chinesischen Republik. Die Tore wurden zum ersten Mal für die Bevölkerung geöffnet und die Fahnen der Zeit wehten in eine andere Richtung.
Tipp für den Besuch
Man sollte mit dem Besuch schon am frühen Morgen beginnen, da jeden Tag zehntausende Besucher in die Anlage strömen. Den besten Blick über die gesamte Anlage erhält man vom Jingshan-Park, welcher sich gegenüber vom Hinterausgang der Anlage befindet.
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