Bangkok
Bangkok hat so viel zu bieten, man kann es gar nicht mit Worten beschreiben! Ich habe es trotzdem versucht und nehme euch mit in die rauchverhangenen Straßen Chinatowns, hinauf auf die Wolkenkratzer und die verwunschene Khao San Road. Dieser Artikel ist Teil einer Serie über Thailand. Lesen Sie doch in dem Artikel „Zwei Wochen Thailand – doch wohin?“ über weitere reizvolle Ziele im Land des Lächelns.
Ich atme tief durch, als das Tuk-Tuk langsamer wird. Gerade sind wir noch in höllischer Geschwindigkeit nach Lumphine gebrettert. Wir hinten im Tuk-Tuk, durch die wärmegetränkte Luft dieser exotischen Großstadt, die sich Bangkok nennt. Lumphini ist wieder ganz anders alles andere hier. Überall geht es nach oben. Das Tuk-Tuk fährt in die Einfahrt. Eingereiht zwischen Limousinen und Sportwagen, und underdressed wie wir aussehen, werden wir von einem Pagen im Smoking begrüßt. Na dann, Sawatdi khrap, der Herr. Zum Glück haben wir wenigstens feste Schuhe an, sonst kämen wir nicht hier rein. Wir sind hier, weil wir gelesen haben, dass man in diesem Hotel, irgendwo oben im 70.Stock, einen hervorragenden Blick über die Stadt haben soll, der Rest ist uns egal. Den Aufzug teilen wir uns mit einem alten Amerikaner mit einer ungeheuerlich gutaussehenden jungen Thailänderin an der Hand. Er – zwei cm dicke Brillengläser, sie – hautenge Lederhotpants und lange, pechschwarze, wunderschöne Haare. Passt ja! Oben angekommen, geht es über mehrere Treppen auf die Dachterrasse, wo unter freiem Himmel stinkreiche Weiße für Summen dinnieren, wofür ein thailändischer Tuk-Tuk-Fahrer wohl ein ganzes Jahr lang über die Runden kommen würde. Die Sicht ist wirklich atemberaubend. So gut, dass wir es uns an der Theke gemütlich machen und ein Bier für zehn Euro trinken. Egal, man darf einfach nicht darüber nachdenken, dass man für das Geld zweihundert Meter weiter unten zehn Bier trinken könnte. Wahnsinn, wie die Gegensätze aufeinander prallen in dieser Stadt. Willkommen in Bangkok, Thailands pulsierender Supermetropole.
Dusit
Unser schnuckliges Hotel im Bezitk Dusit war ein einziger Glückstreffer. Lediglich sechs Zimmer gibt es in dem kleinen Holzhaus, nicht dreihundert plus, wie das sonst hier der Fall ist. In den Baum über uns ist gerade ein Flughörnchen von einer Stromleitung gesprungen. Meine Begleitung, die dies nicht gesehen hat, glaubt mir aber nicht. Überall hört man die Vögel pfeifen. Die Familie, die das Etablissement betreibt, ist wahnsinnig nett und barfuß – die Schuhe lassen wir, wie es sich hier ziemt, draußen stehen – laufen wir über dunkle Bretterdielen zur Treppe und dann hinauf ins Obergeschoss, wo wir unser Zimmer mit Terrasse haben. Dort trete ich hinaus und kann kaum glauben, wie ruhig es hier ist, Am Abend machen wir uns daran, die nähere Umgebung zu erkunden, und während sich die Nacht über die Straßen legt, tauchen die Häuser in mystisches Licht. Dann fühlt man sich angekommen in einer anderen Zeit. Das ganze Leben, das die Straßen füllt, die vielen Straßenhändler, die schönen hölzernen Fassaden. Das Haus auf der anderen Straße ist komplett mit Pflanzen überwuchert.
Lianenstränge hängen hinunter, in denen rote Lampions baumeln. Die Lianen verdecken die Terrasse, auf der man sie erahnen kann – fröhliche Menschen, die glücklich sind, unterwegs zu sein, frei zu sein, und ihr eiskaltes Chang-Bier trinken, während sie sich gegenseitig Geschichten erzählen. Von Orten, an denen sie waren und Orte, zu denen sie bald reisen wollen. Sachte hört man irgendwo Geschirr klimpern und ich könnte schluchzen vor Freude, solch eine träumerische Atmosphäre herrscht hier vor. Mann, wie muss das früher hier gewesen sein, in den Sechzigern, als müde GI’s von der Front in Vietnam hier Urlaub machten. Die asphaltierten Straßen muss man sich wohl als Schotterwege vorstellen. Überall standen wohl knapp bekleidete Schönheiten, hier und dort querten bestimmt die Rikschas den Weg. Doch das Licht, dieses hat sich gewiss nicht verändert.
Die Khao San Road
Die Khao San Road im Viertel Banglamphu, dem atmosphärischsten Part des historischen Bangkoks, man muss sie einfach angesehen haben. Ich deswegen, weil der Film The Beach zu meinen Lieblingsfilmen gehört und dieser mit dieser Straße verbunden ist.
Aber nicht nur das. Die Khao San Road war ein Treffpunkt für Abenteurer in vergangenen Dekaden. Hier traf man sich in den billigen, hölzernen, von Wanzen verseuchten Absteigen, in denen Propeller an den Decken summten und die Geräusche der Straße wie Träume durch die Fenster sachte hinein drangen, um dann weiterzureisen in die mystische Andamanensee. Davon ist längst nicht mehr übrig. Überall verkaufen Straßenhändler Ray-Ban Sonnenbrillen und T-Shirts, auf denen „I love Khao San Road“ steht an Möchtegern-Abenteurer mit Reiserücktrittsversicherungen und Hochschulabschluss. Vor Massagesalons liegen ganze Bataillone von Touristen und lassen sich ihre Füße durchkneten, und Abends konkurrieren Gitarristen mit ihren verstärkten Akustikgitarren, wer am lautestes Hotel California spielen kann. Ich möchte gerne das Buch „The Beach“ kaufen, finde es aber in keinem der kleinen Buchläden, die Raubkopien verticken. Die Khao San Road ist tot, doch ihr Geist schwebt noch immer zwischen den Zeilen und vermag es noch immer, ihren Zauber zu entfalten.
Chinatown
Ich glaube nicht, dass ich jemals so viele Straßenküchen gesehen habe. Nicht in Vietnam, nicht in China noch sonst wo. Hier tobt der Bär. Neben mir ragt eine Flamme aus einem alten Benzinfass und darüber dreht ein Mann ein Tier am Spieß darüber, von dem ich nicht sagen kann, was es ist. Ein Hund vielleicht, ein Schwein? In den engen Gassen steht Tisch an Tisch und die Händler verkaufen Nudelgerichte in hundertfachen Versionen, kleine Häppchen am Spieß und Granatapfelsaft in kleinen Fläschchen. Wir probieren Sticky Rice With Mango – vergesst Schokolade und überhaupt alle Süßigkeiten! – ,was danach auf Lebenszeit zum meinen Lieblingsgerichten gehören wird. Einfach Mango, dazu Klebereis mit Kokossauce. Wahnsinn! Das Chinatown Bangkoks ist insofern besonders, weil es authentischer nicht sein kann. Von chinesischen Wanderarbeitern Ende des achtzehnten Jahrhunderts gegründet, die sich zum großen Bauboom hier niederließen, prägen diese Menschen noch heute das Leben hier.
Banglamphu
Den Abend lassen wir wiederum in Banglamphu ausklingen, wo wir ein kleines Restaurant namens Hemlock in der lebhaften Straße Phra Athit aufsuchen. Der Weg dorthin alleine ist abenteuerlich. Die Straße ist am späten Abend voller Leben, die Gehwege besiedelt von hauptsächlich Thais. In einem Massageladen liegen ein paar Ausländer in einem riesigen Aquarium, in dem ihnen kleine Fischchen die Schuppen von der Haut knabbern. Wo man auch hinschaut, gibt es etwas zu sehen. Ein kleine Gasse lockt uns von der Hauptstraße weg. Irgendwann knickt diese steil ab und wir befinden uns wiederum in einem irrsinnigen Gewusel. Plötzlich keine Thais mehr, sondern fast nur noch Ausländer, die hunderte kleine Garküchen bevölkern.
„What the fuck is this“? Schicke Touristen mit Designertäschchen, verlebte Gemüter mit sonnengegerbter Haut, manche restlos tätowiert, teilen sich hier das Terrain. Vielleicht sind sie doch noch hier und da, ja ganz gewiss, die echten Abenteurer, wie sie Alex Garland erschuf. Ich würde es mir wünschen. So schnell kommt man auf dem Weg zu seinem Ziel von seinem Weg ab, weil es immer was zu entdecken gibt. Das Hemlock ist ein schnuckliges Restaurant, betrieben von einem Pärchen mittleren Alters und einer Speisekarte zum dahin schmelzen. Das Highlight des Abends ist die Vorspeise namens – oh Mann, ich hab den Namen vergessen! In Blätter legt man mit der Hand kleine Garnelen, Erdnüsse, geröstete Kokosscheiben, Zwiebeln und Ingwer, bevor man eine scharf-süße grüne Sauce darüber gießt und Limettenstückchen auspresst. Das Ganze geht dann in einem Haps runter, und die Mundwinkel verbiegen sich schnurstracks zu einem Lächeln, so gut schmeckt das.
Chatuchak-Markt
Natürlich besuchen wir den Chatuchak-Wochenendmarkt, einem der größten Märkte der Welt. Zuerst mal eine Kokosnuss. Mit drei Hieben öffnet die Frau mit ihrem Beil die große Nuss, die Randvoll mit süßem Saft gefüllt ist. Eisgekühlt – ein Traum. Daneben verkauft eine Verkäuferin das entsprechende Kokosnusseis, das schmeckt, man kann es nicht beschreiben – vergesst Italien! Überall gibt es frisch gepresste Säfte, Mango, Drachenfrucht, Melone, alles, was man sich vorstellen kann. Auf dem Markt gib es alles zu kaufen, vom Skorpion am Spieß über Flip-Flops bis hin zur Antiquität, gefälscht natürlich. Auch die Fahrt zum Markt ist ein Erlebnis. Wir fahren an einem Kanal entlang, an dessen Ufer eine Schar junger Militärs per Hand Unkraut jätet – ein schier unmögliches Unterfangen. Die Ufer säumen Bretterbuden, die teilweise so verformt sind, als würden sie jeden Moment in die Fluten hinabrutschen, ein Fotograf könnte sich hier tagelang aufhalten.
Das alte Bangkok
„Alles, was ihr hier seht“, sagt der Taxifahrer, war hier vorher nicht, nur Reisfelder, Idylle, das war’s. Das historische Bangkok, das ist Ko Ratanakosin mit dem großen Palast, dem Tempel Wat Phra Kaew und dem städtischen Gefüge, was sich drum herum gruppiert. Drum herum war in der Tat lange überhaupt nichts. Erst Ende des zwanzigsten Jahrhunderts explodierte die Stadt und machte sie in Lichtgeschwindigkeit zu der Supermetropole, die sie heute ist. In den Palast gehen wir aber nicht, zu viel los. Statt dessen spazieren wir durch die ruhigere Tempelanlage Wat Pho, um einen Eindruck von thailändischer Tempelarchitektur zu bekommen. In der Haupthalle gibt es einen riesigen, goldenen, liegenden Buddha zu bestaunen.
Die Andamanensee ruft
Es ist Zeit, in den Süden zu reisen. Bangkok war wild, und hinterlässt ein Lächeln in unseren Gesichtern. Das türkisfarbene Wasser der Andamenensee ruft, in mitten derer wir unsere kleine Trauminsel zu finden versuchen werden. Verträumt schauen wir aus dem Fenster in den erbarmungslosen Verkehr Bangkoks, der sich dem Flughafen zuschiebt.
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2 Kommentare
Danni
Schöner und lesenwerter Artikel über Bangkok. Ich persönlich habe eine extrem zwiespältiges Verhältniss zu Bangkok. Es gibt viel zu entdecken und zu erleben aber es ist auch Laut, Dreckig und die Menschen sind so anders als auf dem Land eigentlich alles was ich im Urlaub nicht haben will. Aber doch ist es für einige Tage immer wieder interessant in Bangkok zu sein.
MaSan
Hi Danni,
geht mir genauso! Thailand ist für mich der bergige Norden, die Andamanensee, das Ländliche eben… dennoch hat Bangkok so viele spannende Facetten…Chinatown, die Märkte, Cocktail schlürfen auf dem Dach eines Wolkenkratzers…ich finde das mega interessant.
Liebe Grüße & happy travels