Film, Musik,  Gesellschaft, Politik,  Impressionen

Kino – The Lunchox

Um richtig anzukommen muss man manchmal an der falschen Station aussteigenstrong>

Ritesh Batra schafft mit seinem Regiedebut mit winzig kleinen Gesten Großes und zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht. Seine Aussage ist denkbar einfach und zugleich so bedeutend – Manchmal können klitzekleine Zufälle, leichte Richtungsänderungen dazu führen, dass Menschen ihren Mut, ihre Lebenskraft wiederfinden. Eine kleine Lunchbox führt in Mumbai zwei Menschen zusammen und gibt ihnen das zurück, was ihnen so sehnlich fehlt – Lebensfreude.

Video: Trailer zum Film

Saajan
Saajan Fernandes besetzt einen Platz unter vielen in dem großem Büro mitten in Mumbai. Gesprochen wird nicht viel, doch die vielen an der Decke surrenden Ventilatoren füllen die Stille. Saajan steht vor seiner Pensionierung. Über dreißig Jahre hat er auf diesem Platz zugebracht, und seine desinteressierte Haltung gegenüber dem jungen Jake , der seinen Posten übernehmen soll, zeigt dem Zuschauer, dass er viel verloren hat in all den Jahren, dass er kalt und gleichgültig geworden ist. Jake dringt mit noch so viel Enthusiasmus und Liebenswürdigkeit nicht zu ihm durch. Durch dichtgedrängte Straßen stapft er in den dicht gefüllten Bus und betrachtet teilnahmslos das pulsierende Leben auf der anderen Seite der Fenster. Zuhause angekommen, verscheucht er die vor seinem Haus spielenden Kinder, raucht schweigend auf der Terrasse und beendet den Tag, um den nächsten genauso zu wiederholen.

Eine Lunchbox
Doch eines Tages stellt ein Dabbawala eine kleine Lunchbox auf seinen Tisch. Die über 5000 Dabbawalas in Mumbai sind Zubringer, die den hart arbeitenden Familienoberhäuptern auf magische Weise das liebevoll zubereitete Mittagessen der Ehefrauen liefern. Niemals landet eine Lunchbox beim falschen Adressat. Ein ausgeklügeltes System aus Codes, Farben und Zahlen stellt sicher, dass die Boxen mit Fahrrad, Bus, Zug und Schultertragen dort ankommen, wo sie sollen. Und doch, eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 6 Millionen führt dazu, dass nun eine Lunchbox vor Saajans Nase steht. Als der prüfende Blick in die anonyme Schar der Mitarbeiter keine Reaktion hervorruft, lässt er sich auf das unerwartete Ereignis ein und verschwindet in die Kantine.

Video: Interview mit Ritesh Batra (englisch)

Ila
Wie Saajan, lebt auch Ila mit Tochter und Ehemann am Stadtrand des riesigen Mumbais. Eines hat sie mit Saajan gemeinsam – die Lebensfreude ist ihr nicht gerade ins Gesicht geschrieben. Kommt ihr Mann nach der Arbeit nach Hause, beachtet er sie kaum. Er hat kein Interesse für sie, auch wenn sie sich noch so ins Zeug legt. Um sein Herz wiederzugewinnen, überlegt sie sich mit Hilfe von Nachbarin Anti eine besondere Strategie. Sie wirft alle Liebe in das Mittagessen, mit dem sie ihn auf der Arbeit überraschen will. Mit den Dabbawalas schickt sie die Lunchbox auf den langen Weg in die Innenstadt, und bekommt diese, überglücklich, leer und sogar ausgeleckt zurück. Als ihr Ehemann abends teilnahmslos die Wohnung betritt und sie ihn daraufhin fragt, wie es denn geschmeckt hätte, er ihr daraufhin aber lediglich „ganz gut“ antwortet, glaubt sie ihren eigenen Ohren nicht. Jemand anderes, da ist sie sich sicher, hat ihre Lunchbox erhalten.

„Manchmal fährt der falsche Zug zum richtigen Ort“
Als Saajan die übereinandergestapelten Dosen der Lunchbox auf dem Tisch ausbreitet und den ausströmenden Duft inhaliert, verändert sich sofort seine ganze Aura. Eine solche Überraschung gab es für ihn lange nicht. Mit einer ihresgleichen suchenden Andacht schnuppert Saajan, gespielt von Irrfan Khan (Slumdog Millionaire), an jedem einzelnen der verschiedenen Gerichte, vergisst die Zeit und die Menschen um ihn herum. Sein irrtümlicher Dank an den Kantinenkoch wird jedoch am folgenden Tag revidiert. In der Lunchbox befindet sich ein Zettel von Ila an den unbekannten Genießer. Ob es denn geschmeckt habe, fragt sie den Gauner. So kommt es, dass sich zwei auf ihre Art einsame Menschen durch eine Lunchbox gegenseitig Trost spenden. Nach anfänglichem Geplänkel senden sich die beiden rege Nachrichten, versteckt in der Box, und gewinnen, jeder für sich, ihr Lächeln zurück. „…Es gibt zu viele Menschen, und jeder will, was der andere hat“, sagt Saajan zu Beginn des Films. Dabei bedarf es oft nur einer kleinen Richtungsänderung, um etwas glücklicher zu werden. „Manchmal fährt der falsche Zug zum richtigen Ort.“

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert